Reisebericht: Italienfahrt 2023

Konzertreise des Orchesters des Collegium musicum Bonn nach Italien vom 30.09.2023 – 07.10.2023.​

Anlass und Vorbereitung

Mit der Planung unserer Konzertreise haben wir schon vor Anfang des Jahres 2023 begonnen. Anlass war die Einladung durch den Mailänder Violinisten Tommaso Napoli und den Dirigenten Walter Crippa, durch die wir drei verschiedene Konzertorte rund um Mailand/Bergamo vermittelt bekommen haben: In Mailand, Crema und Sotto il Monte. Um die Reise für uns möglichst stressfrei zu gestalten, buchten wir Zimmer in Mozzo, einem Nachbarort von Mailand, von wo aus wir alle Konzertorte in etwa 1h Fahrtzeit erreichen konnten.

Das Programm für die Konzerte sollte das gleiche sein, wie unser „normales“ Konzertprogramm im Sommersemester 2023: Die Ouvertüre zum „Freischütz“ von Carl Maria von Weber, das Violinkonzert in D-Dur von Johannes Brahms mit Jeeyoung Choi als Solistin und die 8. Sinfonie von Antonín Dvořák.

Nachdem Unterkunft, Konzerte und der Reisebus feststanden, schien alles geklärt – wären da nicht die kleinen Komplikationen, die kurzfristig auftreten. Eine Aushilfe am Horn hatten wir schon einige Wochen vor der Reise aus einem Orchester vor Ort gefunden. Etwas komplizierter gestaltete sich der coronabedingte Ausfall unseres ersten Fagotts kurz vor Abreise. Aber nach viel Recherche und Fragerei fanden wir hier Ersatz durch einen Musikstudenten aus Mailand, der sich schließlich sogar an unseren Freizeitaktivitäten beteiligte!

Tag 1 und 2: Hinfahrt mit Zwischenstopp in Freiburg

Die Hinfahrt nach Italien hatten wir in zwei Etappen mit einer Übernachtung in Lörrach (nahe der Schweizer Grenze) geplant. Am späten Nachmittag des 30.09.2023 hatten wir in Freiburg die Möglichkeit zu einer Generalprobe im Stadttheater bekommen: Wir hatten in der Woche zuvor zwar schon zwei „Auffrischungsproben“ in Bonn, aber die Probe in Freiburg war der einzige Durchlauf des gesamten Programms, den wir – seit den Semesterabschlusskonzerten im Juli – vor unseren Konzerten in Italien spielen konnten. Unsere Reise startete am 30.09.2023 wegen einer verspäteten Bereitstellung unseres Busses zwar nicht wie geplant um 07:30 Uhr, sondern erst um 11:00 Uhr in Bonn am Hofgarten, trotzdem waren wir pünktlich zum Probenbeginn um 16 Uhr in Freiburg am Stadttheater, nur eine Besichtigung der Stadt Freiburg musste wegen der Verspätung entfallen.

Die Probe in dem Saal des Stadttheaters (der auch der Probenraum des Philharmonischen Orchesters Freiburg ist) stellte uns dann gleich vor eine Herausforderung, die uns im Laufe der Reise noch öfters begegnen sollte: Verwöhnt von der Akustik der Aula der Universität Bonn, in der das Orchester des Collegium musicum normalerweise seine Proben und Konzerte spielt, mussten wir feststellen, welche Auswirkung ein anderer Raum auf das Zusammenspiel und das Spielgefühl hat.

Probe in Freiburg
Probe in Freiburg

Müde von der langen Busfahrt und dem veränderten Klang im Zusammenspiel bei der Generalprobe fuhren wir anschließend zur Übernachtung nach Lörrach und konnten uns immerhin mit der alten Musiker:innen-Weisheit beruhigen, dass die Generalprobe halt schief gehen muss, damit die Konzerte gut werden.

Der nächste Tag begann früh mit der Abfahrt nach Mozzo, das wir erst abends um 18 Uhr erreichten, und endete nach einem abendlichen Spaziergang zum Essen und Einkaufen in den Nachbarort Curno.

Gruppenfoto: Abendspaziergang von Mozzo nach Curno

Tag 3: Mailand und erstes Konzert

Am Montagmorgen brachen wir nach Mailand auf, wo wir die Möglichkeit hatten, um 11 Uhr an einem Biodanza-Kurs im Conservatorio Giuseppe Verdi teilzunehmen. Ca. 40 Mitglieder des Orchesters nahmen aus verschiedenen Übungen zu Bewegung, Tanz und Musik wertvolle Erlebnisse über das Gruppengefühl, aber auch über sich selbst mit.

Biodanza-Kurs
Biodanza-Kurs
Gruppenfoto vor dem Conservatorio Giuseppe Verdi in Mailand

Anschließend machten wir gemeinsam eine kurze Stadttour, bei der unsere Dirigentin Rebekka (die mal in Mailand gewohnt hat) uns an den wichtigsten Sehenswürdigkeiten vorbeiführte.

In der Galleria Vittorio Emmanuele II
Vor dem Dom in Mailand

Nachdem wir Vor- und Nachmittag in Mailand so verbracht hatten, startete um 19 Uhr die Anspielprobe an unserem Konzertort, dem Auditorium Stefano Cerri. Dieses erste Konzert war ein Kooperationskonzert mit dem Orchestra Amatoriale di Milano ContrArco unter der Leitung von Emanuele Quaranta, das das Konzert mit der Ouvertüre zu „Tristan und Isolde“ von Wagner begann. Wir spielten daraufhin aus unserem Semesterprogramm das Violinkonzert in D-Dur von Johannes Brahms mit unserer Solistin Jeeyoung Choi und Dvořáks achte Sinfonie in G-Dur. Zur Zugabe wurde es dann eng auf der Bühne: beide Orchester spielten gemeinsam „Les Toréadors“ aus Bizets Carmen-Suite Nr. 1.

Ansprache von Tommaso Napoli vor dem Konzert
Ouvertüre: Orchestra Amatoriale di Milano ContrArco
gemeinsame Zugabe
gemeinsame Zugabe

Tag 4: Ruhetag am Lago d’Iseo

Nach dem anstrengenden Tag in Mailand und vor drei weiteren langen Tagen mit jeweils abendfüllenden musikalischen Programmen haben wir den Dienstag am Lago d’Iseo verbracht.

Abendessen am Lago d'Iseo…
…mit Collegiums-Pullis

Tag 5: Besichtigung von Cremona und Konzert in Crema

Am Mittwoch, den 04.10.2023 haben wir durch Einladung des Collegium Vocale Crema und dem Dirigenten Giampiero Innocente die Möglichkeit erhalten, in Crema zu konzertieren. Auf dem Hinweg machten wir einen Zwischenstopp in der Geigenbauer-Stadt Cremona. Dort konnten wir bei einer musikalischen Stadttour allerlei musikalische Sehenswürdigkeiten, etwa das Geigenmuseum Museo del Violino oder verschiedene Stradivari-Denkmäler erkunden.

Im Museo del Violino
Vor dem Geigenmuseum
In der Geigenbauerstadt Cremona
Denkmal von Antonio Stradivari

Ein Highlight war sodann die Führung durch die Geigenbauerwerkstatt Gaspar Borchardt. In drei Gruppen konnten wir nicht nur die Werkstatt besichtigen, sondern haben von Gasper Borchardt und Sibylle Fehr-Borchardt auch allerlei Wissenswertes über die Herstellung von Streichinstrumenten erfahren: Von der Auswahl des Holzes und dessen langer Lagerung bis hin zu der Lackierung des fertigen Instrumentes. Im Anschluss an die Führung hatten wir dann sogar die Möglichkeit, Instrumente auszuprobieren.

Führung durch die Geigenbauwerkstatt
Führung durch die Geigenbauwerkstatt
Geige ausprobieren (Jeeyoung Choi)
Cello ausprobieren (Nils Wandel)

Am späten Nachmittag haben wir dann unsere Fahrt nach Crema fortgesetzt, wo wir um 18 Uhr mit der Anspielprobe in unserem Konzertort, der Chiesa di San Bernadino beginnen konnten. In der Kirche war nicht nur der Sitzplatz enger als gewohnt, auch das Klangerlebnis war erneut ein ganz anderes, auf das wir Artikulation und Dynamik erstmal einstellen mussten. Wirklich erfreulich war, dass das Konzert in der großen Kirche sehr gut besucht war – und am nächsten Tag gab es sogar eine Konzertbesprechung in der Presse: https://ilnuovotorrazzo.it/2023/10/05/concerto-eccellente-lorchestra-sinfonica-del-collegium-musicum-bonn/!

Jeeyoung Choi
Konzert in der Chiesa di San Bernadino
Orchesterfoto in der Kirche San Bernadino

Tag 6: Verona, Gemeinsame Probe in Mozzo

Weil es bei unserer Reise nicht nur darum gehen sollte, Konzerte zu geben, sondern der Fokus auch auf einem Austausch mit den Orchestern vor Ort liegen sollte, hatten wir im Vorfeld lange überlegt, wie diese Kooperation zeitlich und organisatorisch durchführbar sein könnte. Zunächst war ein gemeinsames Kammermusikkonzert geplant, jedoch ließen sich in unserem wegen der drei Konzerte auch so schon vollen Programm kaum noch zusätzliche Proben unterkriegen.

Schließlich haben wir uns darauf geeinigt, den Austausch in den Vordergrund zu stellen und am Donnerstagabend in Mozzo eine gemeinsame Probe mit dem Orchester MozzOrchestra zu veranstalten, bei der wir die Freude an der Musik teilen konnten. Dabei haben wir gemeinsam vier Stücke gespielt, von denen zwei von unserer Dirigentin Rebekka Zastrow und zwei weitere von dem Dirigenten des italienischen Orchesters, Walter Crippa, geprobt wurden.

Probe in Mozzo mit Walter Crippa
Probe in Mozzo mit Rebekka Zastrow

Am Donnerstagvormittag hatten wir noch die Gelegenheit, das ebenfalls nicht so weit entfernte Verona zu besichtigen – aber nicht wenige Orchestermitglieder nutzten den Tag auch, um sich von den anstrengenden Konzerttagen zuvor zu erholen.

Straßenmusik in Verona
Gruppenfoto vor Verona

Tag 7: Bergamo, Konzert in Sotto il Monte

Am letzten Tag unserer Reise, Freitag, dem 06.10.2023, mussten wir bereits um 11 Uhr aus unseren Zimmern im Hotel in Mozzo auschecken. Gleichzeitig hatte unser Busfahrer gewisse Lenk- und Ruhezeiten zu beachten, sodass der Bus tagsüber stehen musste, damit wir in der Nacht die Rückfahrt antreten konnten. Den Orchestermitgliedern wurde daher der Tag zur freien Verfügung gestellt. Während manche in Mozzo blieben, machte sich der Großteil auf, das ca. 10 km entfernte Bergamo zu besichtigen: Der Weg dorthin erfolgte mit dem ÖPNV, zu Fuß und per Anhalter.

Von Bergamo aus fuhren wir dann nach Sotto il Monte. Dort hatten wir die Ehre, die Feiern zum Geburtstag des Papstes Johannes XXIII. zu eröffnen. Auch das Teatro Giovanni XXIII, in dem wir spielten, stellte uns vor akustische Herausforderungen: Mit gemütlichen Sesseln, außerdem Stoffwänden und -vorhängen rundherum, schluckte der Raum fast jeden Klang. Alles, was wir zwei Tage zuvor in der Kirche in Crema an Artikulation und Dynamik verändert hatten, mussten wir hier ins Gegenteil kehren. Diese Akustik hatte im Orchester den erstaunlichen Effekt, dass wir uns gegenseitig auf der Bühne so gut hören konnten, wie noch nie – eine ebenfalls interessante Erfahrung.

Zwischen Einspielprobe und Konzert wurde uns erneut von unseren Gastgebern Abendessen gestellt, was wir vor der langen Busfahrt dankbar annehmen konnten. Das dann folgende Konzert stand für uns in besonderem Maße in einem Zeichen des Austauschs mit unseren italienischen Gastgebern: Die Begrüßungsrede wurde sogar ins Deutsche übersetzt!

Nach dem Konzert machten wir uns direkt auf die Rückreise nach Bonn, mit vielen wertvollen Erinnerungen im Gepäck, über die wir erstmal eine Nacht schlafen konnten – oder auch nicht: Schließlich mussten wir auf der Fahrt noch den Geburtstag eines unserer Klarinettisten feiern!

Anspielprobe im Teatro Giovanni XXIII
Anspielprobe im Teatro Giovanni XXIII
Orchesterfoto im Teatro Giovanni XXIII